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Wann, wenn nicht jetzt - Teil 1

Den folgenden Text habe ich im Sommer 2020 verfasst. Veröffentlicht wurde er erstmals im Blog von Kulturschöpfer ( http://www.kulturschoepfer.de ), ein Verein, der Raum für all unsere Schöpferkraft bietet.



> Eines muss ich diesem Corona schon lassen: Ich bin ihm dankbar für all die Möglichkeiten, die wir schon lange haben könnten, doch nie ergriffen haben weil unsere Ängste, Vorurteile und einengenden Gedanken, vielleicht Neues einfach kategorisch ablehnen. Plötzlich sind Dinge möglich, die es vorher nicht waren. In vielen Firmen das Homeoffice zum Beispiel. Oder ein monatliches Gehalt (Grundeinkommen), ohne arbeiten zu gehen. Ja selbst die Schulen werden von der Entwicklung förmlich überrollt und einige Lehrer fragen sich jetzt wie viel Präsenzunterricht eigentlich nötig ist und ob Schule nicht eher ein Ort der Begegnung, statt der Wissensvermittlung sein sollte. Von solch einem Ort träume ich schon lange. Ein Lernort für Groß und Klein mit offenen Kursen und Impulsen. Denn das Schule, so wie sie aktuell funktioniert, den Kindern keine Freude macht beobachte ich schon lange im eigenen Haushalt. Die großen Kinder gehen regelrecht ein, als dass sie vor Lebendigkeit aufblühen. Der Zwang, Dinge zu tun, die ihnen keine Freude machen, hinterlässt von Tag zu Tag seine Spuren. Der Widerspruch vom selbständigen Arbeiten und planlos Aufgaben abarbeiten wird mir in dieser Homeschoolingzeit mehr denn je bewusst. Welcher Chef möchte später einen Mitarbeiter den er pausenlos antreiben muss seine Aufgaben zu erledigen? Aufgaben dessen Sinn der Mitarbeiter weder verstanden hat noch in der Lage ist gemeinsam mit anderen so auszuführen, dass dabei ein Mehrwert für das Unternehmen entsteht? Keiner! Doch genau dieser Typ Mitarbeiter entsteht in den heutigen Schulen. Die Entscheidung bei den zwei kleinen Kindern daher andere Bildungswege zu gehen war, in Anbetracht dessen was ich nun seit sechs Jahren Schulzeit erlebe, eine leichte Entscheidung. Die Umsetzung allerdings stellt mich vor neue Herausforderungen. Ich wünsche mir so sehr, dass das Schulsystem sich wandelt. Dass es seine Haltung von stumpfer Wissensvermittlung, die den Kindern heutzutage weder Freude, noch die von den Lehrbeauftragten eigentlich gewünschten Ziele erreichbar macht, ändert. Die Kinder wissen was sie möchten, es hört nur niemand hin. Geben wir ihnen doch die Möglichkeit mitzubestimmen, sich auszuprobieren. Unterstützen wir sie in ihren aktuellen Interessen, ohne dies zu bewerten, in eine vorgegebene Form zu pressen und lösen wir uns endlich von unseren alten Wertevorstellungen über Bildung und der Angst vor Bildungslücken.

Sind wir ehrlich: selbst wenn wir alle den selben Abschluss in der Hand halten haben wir längst alles Inhaltliche vergessen was uns weder interessiert noch irgendwie für unser Leben und Alltag Relevanz hat oder Anwendung findet. Solange dies im öffentlichen Schulsystem noch nicht gesehen oder umgesetzt wird, mache ich mich stark für Alternativen. In meiner Vorstellung könnte eine Alternative eine Gemeinschaft sein, die sich gemeinsam ums lehren und lernen kümmert. Eine Gemeinschaft, die Angebote und Räume schafft sich mit dem zu befassen was einem am Herzen liegt. Mitbestimmen, sich ausprobieren, sich gegenseitig unterstützen, damit die Potentiale und Fähigkeiten eines Jeden zur Quelle für alle anderen werden. Natürlich wäre ich auch dankbar, wenn die Schule selbst zu solch einem Lernort wird. Statt Frontalunterricht erlernen Kinder neben Grundsätzen des Schreibens und Rechnens eben das was sie wirklich erlernen möchten: nähen zum Beispiel oder skateboarden, turnen, malen, jonglieren, zeichnen, Instrumente spielen, singen, Gedichte oder Geschichten schreiben, höhere Mathematik, Statistik, Geometrie, klettern, Gebärdensprache oder was auch immer ihnen einfällt. Wäre es nicht genial, wenn Schule genau solch ein Ort der Angebotsfülle ist, in dem Kinder genau das erlernen, was sie zu Hause nicht erlernen können. Wenn sie selbst entscheiden wie lange und mit wem sie zusammenarbeiten möchten und der Erwachsene eher die Rolle eines Mentors einnimmt, der die Kinder aktiv in ihrer Entwicklung unterstützt?

<...> Ich bin dankbar für diese etwas verrückten Zeiten, die mich zum Umdenken anregen, die mich fast schon zwingen Altes loszulassen, um das entstehen zu lassen was wirklich von Herzen kommt. Also wann, wenn nicht jetzt diese neuen Möglichkeiten ergreifen und daraus neue Lösungen für uns alle zu gestalten.



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